Der November sitzt immer irgendwie zwischen den Stühlen.
Nicht mehr so richtig Herbst und noch nicht
richtig Winter. Die Bäume tragen kaum oder gar kein Laub mehr, aber auch noch kein Kleid aus Reif oder
Schnee. Keine bunten Feste wie Erntedank oder Kirchweih im Oktober und noch nicht der warme Glanz
der Adventszeit mit ihrem Ausblick auf Weihnachten. Das alte Kirchenjahr klingt aus und das neue hat
noch nicht begonnen.
Die aktuelle Situation der Kirche ist vielleicht ein bisschen ähnlich. Wir sitzen auch in gewisser Weise im
Augenblick zwischen den Stühlen. Eine Zeit klingt aus und wir wissen noch nicht so richtig den Namen
für die neue Zeit der Kirche, die kommt. Für manche ist die Lage der Kirche und der Gemeinden vor Ort
ein dauernder November mit Abschieden und Trauerarbeit. Schwindende Mitgliederzahlen, kaum noch
Berufungen - sowohl bei Priestern, aber auch Laienmitarbeitern. Weniger Gottesdienste und weniger
Gottesdienstbesucher.
Keiner von uns kennt die Zukunft und die zukünftige Gestalt der Kirche. Alle Pläne und Strategien
können darüber nicht hinwegtäuschen. Aber der November der Kirche bietet auch Chancen. Wir sagen
gerne, Gottes Pläne sind unergründlich. Das sind unsere Pläne aber auch. Wir können zwar vielleicht
sagen, was wir planen und erhoffen, ersehnen oder auch befürchten. Was aber hinter unseren Plänen
und Hoffnungen steckt, was uns eigentlich antreibt oder ängstigt, das bleibt oft verborgen, manches mal
sogar uns selbst.
Was uns in der Tiefe bewegt, kommt ans Tageslicht, wenn wir es aussprechen und ein anderer es anhört
und darauf antwortet. Wenn wir miteinander reden, nicht um andere zu überzeugen oder zu widerlegen,
sondern um uns besser kennen zu lernen. Das nennen wir einen Dialog. Ich meine, das wäre eine der
Chancen für heute, dass wir miteinander reden. Um uns besser zu verstehen. Junge und ältere
Menschen, kirchennahe und kirchenferne, neugierige und skeptische. In diesem Sinne wünsche ich
Ihnen und uns allen einen gesprächigen November!
Christoph Gewinner, 12.11.2023