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Kitzingen (GER) Gibt es in Kitzingen soziale Probleme? So lautete die Fragestellung beim Diskussionsabend des Sachausschusses Soziale Dienste im Pfarrgemeinderat der Pfarreiengemeinschaft St. Hedwig im Dekanatszentrum Kitzingen. Im Laufe des Abends wurde klar, dass selbst engagierte Gemeindemitglieder über das Ausmaß von sozialer Not in ihrer Heimatstadt stark betroffen waren.

230 Spielautomaten

Ewald Burkard, seit 25 Jahren bei der Suchtberatung der Caritas, berichtete von der Entwicklung einer Spielsucht und deren katastrophalen Folgen vor allem auch für Angehörige. So gebe es in Kitzingen 230 Spielgeräte in neun Einrichtungen, 13 weitere im Landkreis, nicht eingerechnet Spielautomaten in Gaststätten. Das Angebot und die verführerische Werbung seien viel zu groß.

Spielsucht werde viel zu spät erkannt, da diese anders als bei Alkohol oder Drogen nicht so „greifbar“ sei. Zu einer erfolgreichen Suchttherapie komme es so nur selten. Weitgehende Hilflosigkeit gebe es im Bereich der illegalen PC-Spiele und Sportwetten am Computer. Burkard forderte eine konsequente Beschränkung der „Versuchung“ auch im baurechtlichen Bereich.

Große Betroffenheit gab es beim Thema Notwohngebiet in der Egerländer Straße. Stadträtin Andrea Schmidt informierte, dass alle obdachlosen Menschen – laut Gesetz – von der Stadt untergebracht werden müssen. Teilweise würden Kommunen im Landkreis diese Aufgabe nicht erfüllen. So kämen auch obdachlose Kreisbewohner in die Egerländer Straße. Die Stadträtin kritisierte – unterstützt von Fritz Zeltner, Mitarbeiter in der Erziehungsberatung, – die teilweise auch für Schlichtwohnungen katastrophalen Wohnbedingungen für die Obdachlosen. Oft fehlten Mindestvoraussetzungen für eine normale Hygiene. Der Dusch- und Sanitärbereich sei meist in einem schlimmen Zustand. Immer wieder gebe es auch Wohnungen ohne Bett, Schrank, Tisch und Stuhl. Die Möglichkeiten zur Beheizung der Wohnungen seien erst in jüngerer Zeit durch gesetzliche und gerichtliche Auflagen verbessert worden, so Schmidt.

„Kaffeestübchen“ wiederbeleben

Angesichts der sozialen und psychischen Probleme der Bewohner, die zur Obdachlosigkeit geführt haben, sei dringend eine professionelle sozialpädagogische Betreuung erforderlich. Ziel müsse sein, dass die Menschen aus den Schlichtwohnungen möglichst bald wieder rauskommen. Manche Bewohner seien schon lange Jahre in der Obdachloseneinrichtung, teilweise auch schon deren Kinder und Enkel, sagte Schmidt.

Wiederbelebt werden soll auf jeden Fall das „Kaffestübchen“ als Begegnungsort in der Egerländerstraße. Zudem hat Schmidt die Koordinationsstelle für Wohnungslose in Nordbayern ins Spiel gebracht. Geplant sei ein Ortstermin in Kitzingen. Dessen Ergebnisse will Andrea Schmidt dann vorstellen.

 Josef Gerspitzer

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